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Satire von Henrik Müller

 

Seite 1 2 3 Satire      

 

 

 

 

 

 

 

Heiße Sache

 

Die Sache wurde mir zu heiß, die Schritte wurden
schneller, ich fing an zu rennen. Die Tür des
Discounters ging noch rechtzeitig auf. Eine ältere Dame
schob ich rücksichtslos beiseite. Ihr Wagen schlug
gegen mich, ich schleuderte ihn in die Ecke, eine Flut
von Bohnenbüchsen ergoss sich hinter mir. Wo war diese
verdammte. ? Da, da nichts wie hin.
"Platz, machen Sie Platz" brüllte ich. Gierig nervös
schob ich den Deckel beiseite, dann stieg ich auf und
war endlich drin, in meiner Eiskühltruhe.
Oh, wie schön, wie schön kühl. Niemand würde mich hier
wieder rausholen können. Göttlich diese Kühle.
Ich schloss die Augen und lauschte den Klängen des kalt
knisternden Eises unter mir. Himmlisch, ich werde Euch
alle verspeisen, gleich, gleich, nur noch ein wenig
ausruhen.
Unsanft wurde ich aus meinen Träumen gerissen. Die alte
Dame, die sich inzwischen wieder aus dem
Bohnenbüchsenstapel befreit hatte, schlug wie wild mit
ihrem Krückstock auf meine geliebte Eiskühltruhe ein.
"Komm raus Du Sau, komm raus, das macht man nicht."
Ich versuchte ihr ein Magnum zu reichen und schloss den
Deckel. "Komm raus Du Sau", klang es aus weiter Ferne.
Gleich mehrere Gesichter beugten sich jetzt über mich
und klopften und zerrten an den beiden Deckeln, die ich nur
mit Mühe halten konnte. Mir wurde warm. Mist, dachte ich,
nur nicht wieder warm werden.
Plötzlich wurde es ruhig, verdächtig ruhig. Was ging da
vor sich? Da, das Licht ging aus in der Truhe, man
hatte den Stecker gezogen. Nicht lange und die Kühlung
würde versagen. Ich bekam Panik. Grinsende Gesichter
starrten durch den Deckel, die alte Dame verspeiste
genüsslich das Magnum. Ich schrie: "Steckt den Stecker
wieder rein.., steckt ihn rein,..los!" Provozierend
sanft wurde der übrig gebliebene Stiel vor meinen Augen
abgelegt.
Das war zu viel, ich musste hier raus. Ich schnellte in
Bauchlage und drückte mich durch den Deckel nach oben.
Noch bevor man mich ergreifen konnte, entfloh ich in
die hinterste Ecke des Ladens und warf mich in die
Kühltruhe, die mit Joghurt gefüllt war. Müller-Joghurt, was für

ein Schicksal Müller.
Nicht ganz so kalt, aber allemal kühler als die Luft da draußen.

Die Meute stürzte mit Besen in meine Richtung, es flogen Käse,

Wurst, alles schön kühl.
Inzwischen entstand Tumult vorne an der Eingangstür.
Eine Frau stürzte herein, wild mit den Armen fuchtelnd. Es
war meine Frau. "Lassen Sie mich durch, wo ist diese
verdammte..", und war schnurstracks in der noch heilen
Eistruhe verschwunden. "Die ist nicht kühl genug" schrie sie

hysterisch. "Gabi, Gabi hier her, hier ist es kühl." Sie lief mit

weinenden Augen und ausgebreiteten Händen auf mich zu.
Die mutigen Bürger, die mit offenem Mund das ganze
Geschehen verfolgten, konnten sie nicht mehr aufhalten.
Sie war jetzt auch in der Joghurttruhe. Sie schluchzte
und seufzte: "Versprich mir, das Du nie wieder ohne mich
Dich abkühlen gehst." "Ja mein Schatz, nie wieder. Aber wir
müssen hier raus. Die Sache wird langsam zu heiß."
Das aufgeheizte Bürgertum hatte sich erholt vom ersten
"Kälteschock" und fing erneut an, auf uns herum zu
prügeln mit schönen kalten Fischstäbchen und Milch-
packungen. Wir kämpften, schlugen mit Müller-Milch um
uns, erreichten die Tür und betraten schweißgebadet die
unerträgliche Glut des Sommers.
Im Bruchteil einer Sekunde begriffen wir beide, was wir
jetzt sahen: den Wagen vom Eismann, allein gelassen,
der Schlüssel steckte. Meine Frau sprang in den
rettenden kalten Hintern des Gefährts und ich startete
den Motor durch, drückte auf das Gaspedal und wir
flüchteten nach
Norden, immer nur nach Norden. So sind wir noch heute
auf der Flucht vor diesem verdammten heißen Sommer.
Ich finde er übertreibt mal wieder.

 

 



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