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Satire von Werner Hadulla

 

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Lider für die Ohren

 

Schon damals wünschte ich mir, ich könnte nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren

schließen. Später habe ich das in der Schule ersehnt oder bei Predigten in der Kirche, dann vor Feldwebeln in der Kaserne und bis zum heutigen Tag bei wortbeschwingten Nachbarn

und Kollegen - von den Prüfungen am Telefon gar nicht zu reden. Vielleicht habe ich mich

deswegen der Genetik zugewandt, um es genauer zu sagen, ich bin Humangenetiker geworden.

In mir reifte der Gedanke, im Labor das nachzuholen, was die Evolution uns Menschen

vorenthalten hat. Und während andere Forschungsinstitutes sich auf breiter Front allen
vorstellbaren Zukunftsprojekten zuwenden, widme ich mich ausschließlich der genetischen

Konstruktion von schützenden Lidern für die Ohren, so wie sie im Tierreich, zum Beispiel

bei Fischottern, vorkommen.

Vor etlichen Jahren habe ich mit der Implantation von Ottergenen bei besonders notleidenden

Probanden begonnen. Erstaunlich, wie viele Freiwillige sich dazu bereit fanden und weiter finden.

Mein Projekt erwies sich von Anfang an als recht ermutigend, wenn auch nicht immer
unproblematisch. Proband Nr. 9 zeigte über den Ohren Ansätze von dehnbaren Liderhäutchen,

zugleich aber wuchs ihm im unteren Bereich ein haariger Schwanz, wie unsere Ottern ihn beim Schwimmen zum Steuern einsetzen. Es brauchte dann Dutzende von weiteren Versuchen,

bis bei Proband Nr. 55 an beiden Ohren völlig wasserdichte, zugleich gegen akustische Wellen schützende Lider wuchsen. Seine Frau berichtete mir nach 9-monatiger Behandlung, dass er viel verträglicher werde, jetzt aber mehrmals täglich in der randvollen Badewanne läge und davon nicht abzubringen sei.

Viel versprechend sind meine Versuche mit den Genen der Riesenotter Pteronura brasiliensis.

Sie wirken zur Zeit in 35 von 100 Fällen, führen allerdings zu groben, ich muss gestehen,

so unschönen Ohrlidern, dass ich meinen Probanden rate, sich auf buschige Frisuren einzustellen.

Am unauffälligsten könnten Frauen solche Lider verbergen, aber leider ist
die einschlägige Genbehandlung bis heute mit einer verstärkten Behaarung am ganzen Körper

verbunden. Weibliche Freiwillige waren noch nicht zu gewinnen.

Ich werde noch einige Jahre experimentieren müssen. Doch des endlichen Erfolges – nämlich

der von Nebenwirkungen freien Anbringung von Ohrlidern am Menschen - bin ich mir sicher.

Wenn es so weit ist, werde ich mir selbst Ottergene einpflanzen, und zwar - sollte ich dann

noch über genug Kopfhaar verfügen – die einschlägigen Erbträger der Riesenotter aus Brasilien.

© 2005 Werner Hadulla

 

 

 

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